Mit unseren Augen im Reich von Fröschen, Kröten, Molchen und Salamandern
Die Frühjahrswanderung der Frösche und Kröten startet hierzulande ab Ende Februar/Anfang März, sobald die Temperaturen frühlingshaft werden.
Gute Idee also, hier reinzuschauen! Wir Tiere und Pflanzen bieten euch eine zur Jahreszeit oder zum lokalen Brennpunkt passende Homestory mit Infos, die ihr vielleicht noch nicht hattet. Im Winter erhaltet ihr beim Scannen des Codes also andere Informationen als zum Beispiel im Sommer und an besonderen Brennpunkten wie Feuchtbiotopen, Habitatbäumen oder Waldameisenhügeln gibt es Spezialinfos. Die Themenpalette findet ihr im Menü links (z.B. Wald, Winter, Sumpf). Über das richtige Verhalten draußen in der Natur gibt das Wald-ABC Auskunft.
Jetzt aber zum eigentlichen Thema "Sumpf, Gatsch, Dreck" ... manchen Menschen unheimlich oder lästig (wenn sie keine Gummistiefel tragen), in Wahrheit jedoch ein Reich von Spezialisten, die ihresgleichen suchen! Der Tümpel zeigt auf sehr kleinem Raum, wie das Nahrungsnetz funktioniert und welche Auswirkungen es haben kann, wenn Umweltgifte ins Spiel kommen. Den Informationstext gibt es wie immer zum Downloaden.
Wir Amphibien schauen zwar reichlich unterschiedlich aus, gehören jedoch allesamt zur selben Tierklasse. Unser Name drückt aus, dass wir auf beiden Seiten - im Wasser UND an Land - leben und zumindest in bestimmten Phasen unseres Lebens (im Larvenstadium zumeist) sogar nur im Wasser leben können.
Wir sind lebenslänglich auf eine sehr feuchte Umgebung angewiesen, weil unsere Haut recht dünn ist und uns nicht vor Austrocknung schützen kann. Dafür brauchen wir auch nicht extra zu trinken, weil die Wasseraufnahme ebenfalls direkt über die Körperoberfläche erfolgt. Außerdem können wir im Erwachsenenstadium zusätzlich zur Lunge über die Haut atmen. Es versteht sich von selbst, dass wir aufgrund unserer „Dünnhäutigkeit“ sehr empfindlich auf Wasser- Luft- und Bodenverschmutzung sowie auf chemisch behandelte Pflanzen reagieren.
Wir sind Wirbeltiere, aber anders als Säugetiere und Vögel können wir unsere Körpertemperatur nicht konstant halten – wir sind wechselwarm. Das haben wir mit den Reptilien gemeinsam. Im ewigen Eis sind wir deshalb nicht zuhause, wohl aber bis in große Berghöhen. Einer unserer Verwandten aus dem hohen Norden schafft es, als Eiswürfel zu überwintern. Cooler Typ! Eine Art Frostschutzmittel, das er selber im Körper bilden kann, hilft ihm dabei. Im Frühjahr taut er auf, als ob nichts gewesen wäre, und lebt munter weiter.
Wir hier verbringen die kalte Jahreszeit – das ist in unseren Breiten ca. Mitte Oktober bis Ende Februar – in den Winterquartieren, eingegraben im Schlamm oder in Erdhöhlen, die häufig weit von unseren Kinderstuben entfernt sind. Alle, die es bis zum fertigen Hüpfer geschafft haben, gehen in einer ersten Wanderung vom Wasser in geeignete Zonen an Land. Wer dort im Sommer nicht den Mäh- oder sonstigen Zivilisationstod gefunden hat, begibt sich im Spätsommer sowie im darauffolgenden Frühjahr neuerlich auf sehr gefährliche Wanderungen: Zuerst ins Winterquartier, und im Frühjahr geht´s zurück zum Laichgewässer. Die meisten von uns kommen dabei buchstäblich unter die Räder.
Wir ändern unser Aussehen während des Erwachsenwerdens in den meisten Fällen gewaltig!
Die späteren „Hüpfer“ unter uns – also Frösche, Unken und Kröten mit langen Hinter- und vergleichsweise kurzen Vorderbeinen - schlüpfen aus gallertigen Eiern, die von unseren Müttern im Frühjahr in stehenden Gewässern in großer Zahl als Laichpakete (Frösche) zwischen Pflanzen abgelegt oder als Laichschnüre (Kröten) zwischen die Stängeln von Wasserpflanzen gespannt werden und die von den Vätern während bzw. unmittelbar nach der Ablage befruchtet werden. Im zeitigen Frühjahr locken die Männchen mit verführerischen Konzerten Weibchen an und das ist ein guter Zeitpunkt, um Wasser- und Laubfrösche anhand der Schallblasen auseinanderzuhalten: Wasserfrösche haben 2 Schallblasen (auf jeder Kopfseite eine) und Laubfrösche haben eine Schallblase an der Kehle. Kröten könnt ihr nicht nur an der warzigen Haut gut erkennen, sondern u.a. auch daran, dass sich die Herren der Schöpfung sehr oft von den viel größeren Weibchen zum Laichgewässer tragen lassen, um nur ja als erster beim Ablaichen dabei zu sein. Na ja, bei einem derartigen Überschuss an Männchen herrscht eben ein ganz schön großes „G´riss“ um die Damen. In den glibberigen Eiern schauen wir zunächst wie kleine dunkle Punkte aus, die alsbald ein Schwänzchen und Kiemen zeigen und sich zuckend bewegen und zu gegebener Zeit als Kaulquappe durchs Wasser flitzen – immer schön in der Deckung von Wasserpflanzen, damit uns niemand frisst. Viele von uns schaffen es gleich gar nicht bis zur fertigen Larve – also Kaulquappe. Der Laich und später als Larven stehen wir nicht nur auf dem Speiseplan von Fischen, sondern auch auf dem von Wasserkäfern (z.B. Gelbrandkäfer), Vögeln und Säugetieren und wir sind auch ein beliebter Happen für Insektenlarven (z.B. von Libellen) und für andere ausgewachsene Amphibienkollegen. So viel zur „lieben Familie“ ☹ ……
Die „Kriecher“ unter uns - Salamander und Molche – haben einen Schwanz, manche auch einen Kamm, und die Vorder- und Hinterbeine sind annähend gleich lang. Die Jungen schlüpfen entweder in geschützten feuchten Erdhöhlen ohne erkennbares Larvenstadium aus befruchteten Eiern, oder - wie der herrliche Alpensalamander - sie kommen praktisch schon „fertig“, wenn auch noch klein, zu Welt, also nicht im Ei und nicht als Larven. Molchweibchen legen die Eier einzeln im Schutz von Wasserpflanzen ab. Wusstet ihr, dass den Molchen, die auch als Erwachsene hauptsächlich im Wasser leben, Ersatzbeine nachwachsen können?
Egal ob einheimische Hüpfer oder Kriecher: Wir sind keine wehrhaften Typen, sondern wir verstecken uns viel lieber oder wir tun „gefährlich“, indem wir Signalfarben tragen. Wir haben der Umwelt sehr wenig entgegenzusetzen und deshalb müssen unsere Alten beim Fortbestand auf eine ordentliche Menge an Nachwuchs setzen. Wir brauchen fürs Überleben nicht nur Feucht- und Sumpfwiesen, Wasserpflanzen und Röhricht, sondern auch sichere Verkehrswege und lockere Waldböden in „schlampigen“ Wäldern. Leider werden die Tümpel immer weniger, weil Sümpfe großteils einer „Bodenverbesserung“ zugeführt, also trockengelegt werden. Tragischerweise zählen wir nicht zu den flexibelsten Tieren dieser Welt und wir sind so heimatverbunden, dass diejenigen, die das nötige Alter erreichen konnten und die Wanderungen überlebt haben, für die Hochzeit wieder an ihre Kinderstuben zurückkehren – mit fatalen Folgen freilich, wenn dort mittlerweile ein „besserer“ Boden vorherrscht. In dieser Hinsicht ganz besonders treu sind wir Erdkröten. Ihr Menschen ekelt euch vielleicht vor uns wegen unseres Äußeren – aber lasst euch gesagt sein: Wir zählen zu den größten Nützlingen in euren Gärten.
Wir Amphibien teilen unseren Feuchtraum mit zahlreichen hochinteressanten und wertvollen Tieren und Pflanzen. Weil besonders die kleinsten Pfützen in Topfuntersetzern, in hohlen Baumstämmen, in Spurrillen in weichen Böden, in verstopften Abflussrohren usw. recht rasch austrocknen und dann wieder überschwemmt sein können, haben unsere kleinsten Mitbewohner ausgeklügelte Überlebensstrategien entwickelt. Da gibt es die winzigen und praktisch unsterblichen Bärtierchen, die in Trockenstarre jahrelang überleben können. Es gibt Wirbellose, die sich lieber im sauerstoffarmen Schlamm aufhalten und es gibt Pflanzen, die fleißig Sauerstoff produzieren. Dass ihr ausgerechnet eine dieser Pflanzen „Wasserpest“ nennt, ist schon komisch. In den kleinen Tümpeln leben Larven von Stechmücken. Nicht gut? Doch! - weil sie das Wasser reinigen. In den größeren Dauertümpeln haben diese Larven kein langes Leben, weil sie allzu gerne von den Mitbewohnern gefressen werden. Am Boden leben Köcherfliegenlarven in kleinen Röhrchen aus Sediment und winzigen Steinchen. Auch Wasserorganismen müssen „atmen“, also ihrem Körper Sauerstoff zuführen. Dafür gibt es zahlreiche Strategien, z.B die Aufnahme über Kiemen oder über die Haut. Aber atmen mit dem Hinterteil? Kein Scherz, auch das gibt es – und zwar z.B. beim Gelbrandkäfer, bei Stechmückenlarven und bei Wasserwanzen, die kopfüber unter der Wasseroberfläche stehen und das genannte Teil an die frische Luft schieben. Wieder andere Wasserkäfer atmen beim Tauchen aus Luftbläschen am Körper, die sie von der Wasseroberfläche mitnehmen, indem sich die Bläschen in ihren Chitinborsten verhaken.
"Platz ist in der kleinsten Hütte" .... Schaut euch im Video an, wie viel Leben sich auf ein paar Quadratzentimetern Tümpel tummelt und in was für kunstvollen "Häuschen" (Köcher) manche Larven wohnen. Andere wiederum, wie die Libellenlarven (erkennbar am riesigen Kopf) , leben in keinem selbstgebauten "Gemäuer". Am Vorhandensein mancher Lebewesen - z.B. Bachflohkrebse, die ihr durchs Wasser zischen seht - lässt sich u.a. auch die Wasserqualität grob ablesen.
Wo Uferbereiche naturbelassen sind oder renaturiert werden (z.B. durch den Biber!), wo Böden locker sind und atmen können und wo Wiesen wieder in herrlicher bunter Vielfalt blühen dürfen und möglichst nur 1x im Herbst gemäht werden, wo nasse Böden beschützt werden und wo im Straßenbau durch die vorausschauende Planung von Amphibientunnel auch an uns gedacht wird, da werden wir noch lange für euch Konzerte geben und Gelsen und Gartenschädlinge im Zaum halten. Unser Feuchtlebensraum bietet vielen anderen Tieren Brutstätten, Trinkwasser und Nestbaumaterial – den Schwalben zum Beispiel. Eine Vielfalt an Arten und damit natürlich auch ihr Menschen zieht gewaltigen direkten und indirekten Nutzen aus unserer Anwesenheit. Also gebt gut auf uns acht!