Historischer Überblick über den Steirischen Jagdschutzverein
zusammengestellt von Hofrat Prof. Mag. Eckart ERHOLD und ergänzt durch die LANDESGESCHÄFTSSTELLE
- nach der von CR Dr. Heribert Homeck herausgegebenen Festschrift
„100 Jahre Steirischer Jagdschutzverein“
Die Napoleonischen Kriege und die Vorkommnisse in den Folgejahren wirkten Wild dezimierend und Jagd zerstörerisch. Deshalb gab es in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erste Zusammenschlüsse Gleichgesinnter, welche die Jagd von den Auswüchsen der Feudalzeit befreien bzw. retten und in die neue, von der Industrialisierung wie von bürgerlichem Liberalismus gleichermaßen geprägten Zeit überführen wollten.
Man begann sich in Vereinen zusammenzuschließen, um die Anliegen besser durchsetzen zu können. Die Auffassung von weidgerechter Hege und der Bejagung des Wildes musste über den Personenkreis, der sie ohnehin schon besaß, hinausgreifen auf die Masse aller steirischen Jäger, die guten Willens waren.
Es galt damals die Beeinträchtigungen der Jagd aufzuzeigenund in den Griff zu bekommen: die Technik, die Chemie, die Wirtschaft und auch jene Jäger, die das Ansehen der Jagd in Misskredit bringen und vom Gros der nichtjagenden Bevölkerung oft nicht von den „echten“ und „aufopferungsbereiten“ Jägern zu unterscheiden sind.
Es war aber auch die Erkenntnis, dass Jäger, die diese Bezeichnung verdienen, aus allen Schichten des Volkes, aus Adelskreisen so gut wie aus Kreisen des Bürgertums und vor allem des Bauernstandes an einem Tisch zusammen und miteinander ins Gespräch kommen mussten. Und dass dies dem Steirischen Jagdschutzverein schon damals gelungen war, ist sicherlich sein größtes (jagd-)historisches Verdienst.
Am 25. März 1882 gab es die 1. Generalversammlung und die von der Behörde genehmigten und vom „konstituierenden Komitee“ beschlossenen Vereinsstatuten.
Zum ersten Präsidenten wurde Franz Graf von Meran gewählt, Erzherzog Johanns einziger Sohn und wohl auch legitimer Vollzieher seines jagdlichen und hegerischen Willens. Außer dem 2. Präsidenten Adalbert Graf Kottulinsky gehörten noch 15 weitere Mitglieder dem ersten Ausschuss an. 40 Delegierte wurden ferner als Vertreter von damals 65 steirischen Gerichtsbezirken gewählt.
Zu den statutarisch erklärten Zielen gehörte die Herausgabe einer eigenen Zeitschrift, die vor allem ein Sprachrohr des Vereines sein sollte. Weitere Schwerpunkte der Vereinsarbeit waren:
- die Interessen der Mitglieder zu vertreten
- auf die Verbesserung der jagdlichen Gesetzgebung entsprechenden Einfluss zunehmen und
- was wir heute so nennen „Öffentlichkeitsarbeit“ zu betreiben.
Im März 1883 beschloss der Ausschuss monatliche Zusammenkünfte im „Hotel Stadt Triest“ dem späteren „Hotel Steirerhof“ am Jakominiplatz.
Welch hohe Wertschätzung der Verein dem Berufsjägerstand entgegenbrachte und wie sehr geradezu bahnbrechend sozial seine diesbezüglichen Intentionen waren, beweist der vom Ausschuss vorgelegte und auch gebilligte Pensionsgesetzentwurf, der die bis dato nicht gesicherte Altersversorgung der Berufsjäger regelte. Aber auch die Ausbildung der Jäger lag dem Verein bereits damals am Herzen. Ebenfalls 1883 beschloss der Ausschuss ein „Lehrbüchlein für das niedere Jagdschutzpersonal“ herauszugeben. Dies war die Geburtsstunde jenes Hand- und Lehrbuches für das Jagdschutzpersonal, das unter dem Titel „Der Steirische Lehrprinz“ Berühmtheit in alpenländischen Jägerkreisen erlangen sollte, 1884 erstmals erschien und 12 Auflagen erlebte. Er wurde von der Landesregierung sozusagen zum „offiziellen“ Prüfungsbehelf erklärt - im Juli 1884 wurde die erste Jägerprüfung in Admont abgehalten.
Auch das Jagdhundewesen war dem Verein ein besonderes Anliegen. So fand bereits 1885 unter der Leitung des Gewerken Carl Peintinger in Bruck/Mur die erste Hundeschau statt, der noch ungezählte folgen sollten. 1888 erfolgte die Gründung einer eigenen Jagdhundesektion.
1892, nach dem Tod des ersten Präsidenten Franz Graf von Meran, wurde dessen Sohn Dr. Johann Graf von Meran zu seinem Nachfolger gewählt - er sollte die Präsidentschaft volle 45 Jahre innehaben.
Um die Jahrhundertwende wurden in der „heutigen“ Steiermark über 7.400 Jagdkarten ausgegeben, während der Jagdschutzverein rund 1.500 Mitglieder aufwies.
1914 begannen die Krisenjahre - mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und all den verderblichen Auswirkungen eines Krieges auf Mensch und Tier, auf Jagd und Wild. 1919 plante der Nationalrat einen 80prozentigen Wildabschuss - es kam leider dazu und auch die Raubschützen trugen das Ihre bei. Der Mitgliederstand des Vereines sank von bereits 2000 auf 800 ab. Die Auflösung oder Fortentwicklung des Vereines stand auf des Messers Schneide. Der Zentralismus des Vereines im damals für die Steiermark verkehrsungünstig gelegenen Graz hat die Feuertaufe nicht bestanden.
Die Erkenntnis, dass der „zentrale Ausschuss“, der aus 65 Delegierten aus ebenso vielen Gerichtsbezirken bestand, viel zu schwerfällig war und zu wenig Kontakt sowohl untereinander als auch zur Masse der Jäger im ganzen Land hatte, führte zur großen Wende der Krisenzeit: 1922 wurde eine Generalversammlung einberufen, bei der 400 (!) der damals insgesamt 800 Vereinsmitglieder aus der ganzen Steiermark erschienen; 26 Zweigstellen wurden gegründet und die Mitgliederzahl schnellte in den nächsten 2 Jahren auf 3.844 hinauf. Die Saat des Dezentralismus ging auf!
Der kooperative Anschluss des Jagdschutzvereines an die Naturschutzbewegung im Jahre 1925 hat bis in die Gegenwart Wirkung - und zwar für die Zukunft von Wild und Jagd nicht minder als für die des Naturschutzes als solchem.
Nicht weniger Richtung weisend war auch die Bildung von „Wildschonvereinigungen“ in so manchem steirischen Bezirk, die dem Wesen nach bereits den heutigen Hegegemeinschaften bzw. Hegegebieten entsprachen.
Was gab es noch in der damaligen Zeit?:
- ein Verbot von Treibjagden im letzten Pachtjahr
- der Wildbestand muss bei Ende der Jagdpacht mindestens dieselbe Höhe aufweisen wie zu Beginn
- 1925 wurde eine zehnjährige kollektive Haftpflichtversicherung für 4.700 Vereinsmitglieder abgeschlossen
- die Schonung des Steinadlers wurde beantragt
- 1928 erfolgte das Verbot des Schrotschusses auf Schalenwild auf Antrag des Vereines
- 1930 Jahreshauptversammlung in Leoben (und nicht mehr in Graz) - Radkersburg und Schladming folgten
- Einführung einer „Waffentechnischen Beratungsstelle“ im Büro des Sekretariats - damals im III. Stock, Herrengasse 6 in Graz der „Freiwilligen Weidmannsprüfung“ unterzogen sich damals bereits viele Jäger aus allen Schichten der Bevölkerung, in der Erkenntnis, dass eine profunde technische Ausbildung keine Schmälerung der Jagdpraxis bedeutet.
- wiederholte Anträge an die Landesregierung auf Einführung eines Herkunftsnachweises im Wildhandel (Ursprungschein)
- 1935: die Einführung von Abschussplänen wird verlangt Mit diesen Anträgen wurde ein großer Teil jener später so berühmt gewordenen grundlegenden Bestimmungen des Reichsjagdgesetzes bereits vorweggenommen - manchmal blieb es nur bei der guten Absicht.
- Es bestand weiterhin der Wunsch nach einer jagdlichen Pflichtorganisation (Kammer), die öffentlich - rechtlichen Charakter und gegenüber einem bloßen Verein wesentlich erweiterte Rechte und Befugnisse haben sollte. Der Jagdschutzverein wurde zwar nicht als „öffentlich rechtliche Körperschaft“ anerkannt, vermochte aber einen achtköpfigen Jagdbeirat im Rahmen der Kammer für Land- und Forstwirtschaft zu bilden.
- 1936: Landeshauptmann Stepan stellt das neue steirische Jagdgesetz als „goldenen Mittelweg“ vor und hofft, dass es dem Bauernstand und der „echten Grünen Gilde“ Freude und Nutzen bringen möge.
- Ein Jahr später: am 16. April gelangte ein von der Landeshauptmannschaft ausgesandter Entwurf eines Gesetzes über eine Pflichtorganisation der steirischen Jäger und die Bestellung eines Landesjägermeisters zur Begutachtung an den Verein und an die Landeskammer. Der Präsident des Jagdschutzvereines, Dr. Johann Graf von Meran, wird Landesjägermeister von Steiermark.
- Am 1. Jänner 1938 trat das Gesetz in Kraft, welches die öffentlich rechtliche Pflichtorganisation aller steirischen Jäger - die Steirische Landesjägerschaft - ins Leben rief. Man beschloss, den Jagdschutzverein auf freiwilliger Basis daneben weiter bestehen zu lassen.
Die Auflösung des Vereines:
Dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich im Herbst 1938 folgten die Auflösung des Vereines, die Enthebung Dr. Merans als Landesjägermeister und die Überführung der eben erst gegründeten Landesjägerschaft in die „Deutsche Jägerschaft“. Aus dem Jagdland Steiermark war ein „Jagdgau“ geworden. Das „Reichsjagdgesetz“ wird installiert.
1945 war das Intermezzo beendet, das „Dritte Reich“ zerschlagen, die Zweite Republik wiederauferstanden. Nur das berühmte „Reichsjagdgesetz“ sollte noch eine Zeitlang fortwirken.
Die Wiederbegründung:
Österreich war nun wieder ein eigener aber auch besetzter Staat; man begann Gutes zu erneuern: - die „Deutsche Jägerschaft“ wird aufgelöst – „die Steirische Landesjägerschaft“ wieder begründet - der „Steirische Jagdschutzverein“ wird ebenfalls wieder begründet. Entschlossen und schnell hatte man die Steirische Landesjägerschaft wieder in ihre alten - wenn auch nur sehr kurz geübten - Rechte eingesetzt; an die Spitze stellte man UM Paul Graf Czemin - Chudenitz, der sagte: „Uns Österreichern liegt der Zwang nicht, besonders in Dingen wie der Jagd, der unsere Liebe und Leidenschaft gehört. Wir lassen uns lieber von einer Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit überzeugen ........
Die Grundeinstellung, die aus diesem Satz spricht, mag schließlich auch den Ausschlag für die Wiederbegründung des Jagdschutzvereines gegeben haben. Die Jagdschutzvereinsidee wurde nicht gleich realisiert, aber auch nicht ganz bei Seite geschoben. Vor allem war es die Idee, woher die Führung der Landesjägerschaft denn kommen solle, wenn es keine wahlwerbende Gruppe gäbe, welche die Wahlvorschläge erstatten und die Mandatare für die Wahl in jene Körperschaft aufstellen konnte. Es bedurfte eines Vereines, der auf dem Fundament von Freiheit und Freiwilligkeit ebenso wie auf dem der totalen Absage an jegliche Parteipolitik ruhte und auf dem Boden der Tradition so gut wie auf dem des Fortschritts stand.
In einem Brief vom 27. Mai 1950 an den damaligen Abgeordneten zum Steirischen Landtag und „Verfechter einer unpolitischen Jägerschaft“, Dr. Richard Kaan, ersuchte Wildmeister Hanns Andress diesen, an einer Neuorganisation des steirischen Jagdwesens mitzuarbeiten. Am 14. Juni 1950 lud der Proponentenausschuss für den die Herren Andress, Güntschel und Sager zeichneten, eine große Anzahl an Vertretern aus den steirischen Bezirken zu einer Vorbesprechung in das Restaurant Raubal in der Gleisdorfergasse in Graz ein. Dabei kam die Entschlossenheit zum Ausdruck, durch Bildung einer überparteilichen Jagdorganisation die seit Jahren geforderte Herausgabe eines neuen Jagdgesetzes und den Aufbau einer demokratischen Steirischen Landesjägerschaft mit allen Mitteln zu erzwingen. In der eigentlichen Wiedergründungsversammlung, die am 09. Juli 1950 in Graz stattfand, wurde Dr. Richard Kaan zum Präsidenten und weitere 17 Herren in den Ausschuss gewählt. Drei Monate später wies der Verein bereits 39 Zweigstellen und 5.000 Mitglieder (beinahe die Hälfte aller steirischen Jagdkarteninhaber) auf. Der Steirische Jagdschutzverein war wieder da! Die Präsidenten nach Dr. Richard Kaan:
1951 - 1966 Dr. Franz Graf von Meran
1966 - 1978 Dr. Rudolf Fritsch
1978 - 1989 Anton Fürst
1990 - 1995 Dir. Reinhard Fischer
1995 - 1999 Ing. Willibald Liebchen
1999 - 2013 Notar Dr. Bernhard Frizberg
ab 2013 Franz Meran
Die Größe des Vereins erforderte eine strukturelle Reorganisaton, um die Beweglichkeit aller Organisationseinheiten bei der Erfüllung der statutarischen Aufgaben auf rechtssicheren Beinen zu gewährleisten. Diese große Herausforderung haben wir gemeinsam bravourös gemeistert.
Im Jahr 2019 besteht der Steirische Jagdschutzverein weiterhin als Hauptverein mit allen rund 24.000 Mitgliedern, sowie mit 41 Zweigvereinen, die über einheitliche Statuten mit dem Hauptverein verbunden und die an die Stelle der bisherigen Zweigstellen getreten sind.